Ein Praxisbericht: psychologische Sicherheit im Workshop

Ein Praxisbericht: psychologische Sicherheit im Workshop

Das Internet ist voll mit Artikeln zu psychologischer Sicherheit. Und sicherlich gibt es auch das ein oder andere spannende Buch dazu. All dies habe ich nur ansatzweise bis gar nicht gelesen. Stattdessen will ich hier meine eigenen Erfahrungen teilen, die ich in den letzten Jahren im Rahmen meiner Moderationstätigkeit machen durfte. Wie schaffe ich es, ein psychologisch sicheres Umfeld von Beginn an herzustellen, so dass die Ergebnisse nach einem Workshop, einem Meeting, einer Absprache zielführend, effizient und ehrlich sind? Ein Praxisbericht.

Aber zuvor erst mal zur Theorie: Was steckt hinter dieser sperrigen Wortgruppe „psychologische Sicherheit“? Die Bücher sagen, in einem gefühlt sicheren Umfeld sind die Beteiligten davon überzeugt, dass die Gruppe mich nicht bestraft oder auslacht, wenn ich Ideen, Fragen, Sorgen oder Fehler anspreche. Prof. Amy Edmondson forscht ausgiebig zu diesem Thema. Nach ihr sind die Faktoren für psychologische Sicherheit begründet in der Gewissheit, dass

  • jedes Teammitglied offen die eigene Meinung äußern kann,
  • jede:r gleich viel spricht,
  • soziale Empathie untereinander vorhanden ist,
  • Fehler gemacht und besprochen werden dürfen,
  • individuelle Stärken, Talente und Fähigkeiten geschätzt werden.

Wie schaffe ich es, diese Faktoren immer wieder neu zu stärken? Wie schaffe ich diese Basis, wenn das Team vielleicht seit langem mal wieder in einem Raum physische zusammenkommen? Wie kann ich die Geschichte mit Hintergrundpersonen wie Eltern oder ähnliches, die jeder Mensch in einem Raum mitbringt, in den Prozess integrieren?

Der Auftrag ist klar: Wir wollen mal wieder als Team zusammenkommen. Wir wollen zusammenwachsen. Wir wollen vielleicht heikle Themen besprechen. Wir wollen aus der Vergangenheit der Zusammenarbeit lernen und ganz konkret die nächsten Schritte für eine zu gestaltende Zukunft ableiten. So die Idee.

Und dann ist der Tag für einen angesetzten Workshop. Da sitzen vielleicht 9 Menschen im Kreis. Die Tische als mögliche Barriere sind weggeräumt. Es wird der ganze Mensch gesehen, nicht nur eine Kachel. Gibt das Sicherheit oder bedingt die Sicht auf den ganzen Körper die Unsicherheit? Wer weiß.

Workshop-Hack 1 – das Raumsetting

Meine Erfahrung ist, dass sich Menschen hinter Tischen gut verstecken können. Für mich sind Tische eine psychologische Hürde, ohne dass ich es wissenschaftlich begründen kann. Es ist ein Erfahrungswert.

Der Workshop beginnt. Wir befinden uns im Kreis wie die Ritter der Tafelrunde. Die eine Person ist noch bei seinem Morgen zu Hause. Eine andere Person fühlt Nervosität auf das, was in diesem Raum passieren wird. Die dritte Person fragt sich die ganze Zeit, was das hier überhaupt soll, und empfindet die gemeinsame Zeit als Zeitverschwendung.

Workshop-Hack 2 – das CheckIn

Die ersten Minuten eines Workshops sind entscheidend, hier baut sich die Präsenz aller Teilnehmenden auf. Für mich ist eine anfängliche Runde, wo jede:r Beteiligte etwas sagen kann essentiell. Damit wird ein Raum eröffnet, dadurch transferieren sich die Gedanken vom Morgen/von später/von der Erwartungshaltung und überhaupt auf den jetzigen Moment im Workshop. Dies kann eine einfache Frage auslösen, die kurz die Runde macht. Keine typische Vorstellungsrunde, wo nur eine Story aus der Vergangenheit erzählt wird, sondern eine Frage, die den jetzigen Moment mit den jetzigen Gedanken und Gefühlen aufgreift.

Im CheckIn wird nicht geantwortet. Jede Antwort darf sein. Alles ist willkommen, es gibt kein Falsch und keine falsche Antwort.

Workshop-Hack 3 – die eigene Haltung

Das Gefühl von psychologischer Sicherheit bedingt sich mit der Haltung, die im Raum ist. Bin ich ok? Bist du ok? Ja. Wenn wir uns im Raum mit einer wertschätzenden Haltung begegnen, sind die Barrieren wie weggeblasen. Persönliche Wertungen treten in den Hintergrund. Dabei ist dies von hierarchisch höher gestellten Menschen sowie der Moderation besonders wichtig.

Mit jedem Zusammenkommen als Team können wir das Herstellen von psychologischer Sicherheit kultivieren. Und insbesondere für Organisationen auf dem Weg zu New Work mit Kompetenzhierarchie und Selbstorganisation braucht es genau diese Kultivierung. Ich selbst stehe mit meinen Erfahrungswerten vielleicht gerade noch am Anfang oder mittendrin. Ich lerne bei jeder Moderation aufs Neue was heißt, psychologische Sicherheit herzustellen und Raum zu halten. Was sind deine Erfahrung in der Kultivierung von psychologischer Sicherheit? Wie geht ihr im Workshop und in der Zusammenarbeit damit um?

Autorin:
Yvonne Horn

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