Für eine dynamikrobuste Zukunft agil sein… – ein Gastartikel von Enrico Aehnelt

Für eine dynamikrobuste Zukunft agil sein… - ein Gastartikel von Enrico Aehnelt

„Ist Agilität in mittelständischen Unternehmen wirklich noch interessant ist?“.

Diese Frage begegnete mir neulich. Meine Antwort: „Unbedingt, auf jeden Fall, die Nutzung agiler Arbeitsweise wird massiv zunehmen“.

Warum? In fast allen Gesprächen mit Entscheidern zeigte sich die stetig steigende Unsicherheit aufgrund der immer schneller ändernden Rahmenbedingungen. Die bisher erfolgreichen Unternehmensführungen mit überwiegend Top-Down verordneten Maßnahmen im Rahmen einer Jahresplanung bringen nicht mehr die erwarteten Ergebnisse.  Die bisherigen Strategien und Herangehensweisen bieten keine Antwort auf die zunehmend wahrgenommene VUCA-Welt.

Bereits vor über 20 Jahren waren Unternehmen in einer ähnlichen Situation. Aus Frustration entstand das agile Manifest mit 12 Prinzipien und 8 Werten. Es bietet Leitlinien und ist so aktuell wie eh und je. Eine hohe Priorität hat darin die maximale Ausrichtung an Kundenbedürfnissen, an einer Ausrichtung am Outcome statt Output. Neben der Ablösung von Jahresperioden für Planung und Umsetzung von Aktivitäten durch ein iteratives Vorgehen hat das selbst gestaltende Arbeiten in cross-funktionalen Teams eine herausragende Bedeutung.

„ok, Agilität ist also nach wie vor relevant und nun wahrscheinlich auch für Branchen fernab der Softwareentwicklung eine Lösung in der Zeiten der Komplexität? Was wäre der erste Schritt für mehr Agilität im Unternehmen?“ 

Für den Beginn in eine daran orientierte Arbeitsweise empfehle ich die Nutzung von Objectives & Key Results (OKR). Immer mehr Unternehmen und Organisationen implementieren dieses Rahmenwerk und kommen damit zu schnellen Erfolgen. Aus meiner Erfahrung als Berater und Begleiter von OKR-Einführungen sind die Unterscheidung von Zielen, Resultaten und Aktivitäten, sowie der wöchentliche Check des Fortschrittes essentielle Treiber für eine völlig neue Art der Wirksamkeit. Die für Perioden von 3-4 Monaten festgelegten OKR-Sets orientieren sich an Vision/Purpose des Unternehmens und an einem strategischen Jahresziel. Das Füllen des Handlungsraumes mit den selbst gestalteten Initiativen der Mitglieder von  OKR-Teams ist dabei ein Kern dieser Strategieumsetzung.

„Und wie schlägst du die Brücke zwischen OKR und dem agilen Manifest?“

Nach den ersten Erfahrungen mit OKR, oft beginnend in ausgewählten Unternehmensbereichen, entsteht die Frage, wie die umfassendere Anwendung der Prinzipien des agilen Manifestes im gesamten Unternehmen möglich werden kann. Es zeigt sich immer mehr, dass es genau das braucht, um ein Unternehmen zukunftssicher und dynamikrobust aufzustellen und zu entwickeln.

Für die Bestimmung eines Weges hin zur Anwendung agiler Prinzipien bieten sich an einem Startpunkt die Betrachtungen der Ausprägungen verschiedener Kriterien an. Hierfür haben die.agilen* das Reifegradmodell Agile Maturity Level (AML) entwickelt. In den 6 Dimensionen Strategie, Taktik, Struktur, Führung, Menschen, Kultur wird die aktuelle und angestrebte Ausprägung eingeschätzt. Anschließend erfolgt dann die iterative Planung und Umsetzung einer agilen Evolution. (weitere Informationen: https://www.die-agilen.de/blog/der-agile-reifegrad-aml ).

Ein wesentlicher Faktor ist in der Dimension der Führung enthalten. Wie bereits erwähnt, ist das selbstgestaltende Arbeiten in allen Hierarchiestufen ein wesentliches agiles Prinzip und wird in OKR gelebt. Es zeigt sich aber immer wieder, dass es behindern ist, zwischen agiler Arbeitsweise im Rahmen OKR und klassischem Führungsstil im sonstigen Umfeld zu pendeln.

Für die Führungskräfte, besonders im mittleren Management entsteht die Herausforderung, den Inhalt der bisherigen Rolle zu verändern. Es geht immer weniger darum, empfangene Aufgaben weiterzugeben und die Umsetzung pedantisch zu kontrollieren. Dafür nimmt der Anspruch zu, selbst zu gestalten und Menschen zu befähigen, mit der Arbeit in Teams konkrete und wirksame Beiträge zu leisten. Und es braucht die Befähigung, als Facilitator von Teams energievolle Kreativität (Co-Creation) und Entscheidungsfindung (zum Beispiel mit Liberating Structures) zu ermöglichen. Das braucht eine neue Art von Training mit einer begleiteten iterativen Anwendung im Tagesgeschäft.


*die.agilen GmbH ist eine Organisationsberatung für Agilität, Innovation und Transformation mit  Schwerpunkt auf Objectives & Key Results (die.agilen: Beratung, Training, Bücher für Agilität (die-agilen.de))

Enrico Aehnelt

Enrico Aehnelt ist Agile Coach, Systemischer Berater und OKR-Master. Er arbeitet selbständig sowie als Teil der Partner Community von die.agilen GmbH. Er wirkt konzeptionell und begleitend als Brückenbauer zwischen „old and new work“ sowie Theorie und Praxis. 

enrico.aehnelt@triscodo.de
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